Wat mut, dat mut beim Führerschein

Okay, ich bin oldstyle, manchmal auch ein wenig oldschool. Aber anscheinend bin ich auch von gestern übriggeblieben und in der Vergangenheit steckengeblieben. Zeiten ändern sich und Veränderungen sind zwar manchmal unbequem, führen in der Regel (also faaast immer, aber eben nicht wirklich immer) zu einer positiven Veränderung. Sich über was zu ärgern, dass man nicht ändern kann, bringt ja bekanntlich nix. Seit Jahrzehnten predige ich mir: Wenn es draußen regnet und ich mich drinnen darüber ärgere, hört es dann auf zu regnen? Der Spruch wird übrigens dem altehrwürdigen Karl Valentin zugeschrieben.

Trotzdem fühlte ich mich diese Woche persönlich angegriffen, als mir ein Fahrlehrer die aktuell geltenden Regeln und Vorschriften für den A1-Führerschein erläuterte. Nein, es ging weder um Corona noch ums Geld. Hat sich ja viel verändert in den letzten 40 Jahren. Okay, Preis hat sich locker verdoppelt, dafür darfst Du jetzt alles selber machen. Anmeldung bei Behörden, gucken welche Bescheinigung du brauchst und wo du sie herbekommst. Onlineanmeldung für den Termin, um einen Anmeldetermin auszumachen etcetera PePe… Ach ja, irgendwann darf man dann auch zur Fahrschule. Praxisstunden aber erst nach Theorieprüfung.

Sicherheitsfanatiker sollten jetzt lieber nicht weiterlesen. Es folgt eine Stammtisch-Argumentation, die mir einfach so ohne nachzudenken durch den Kopf schoss. So wie ein kleines vom Wagen vor mir hochgewirbeltes Steinchen, dass den Integralhelm bei Tempo 350 durchschlägt. Mit Vernunft hat das jetzt nicht viel zu tun, aber manchmal muss man sich einfach Luft verschaffen! Schimpfen um des Schimpfens willen.

Heutzutage ist schon bei jeder Fahrstunde bestimmte Motorradschutzkleidung vorgeschrieben, selbst für den Roller-Schein. Leder oder Gore Tex mit der entsprechenden DIN-Nummer, die auch überprüft wird. Rückenpanzer und Rundrumhartschale. Und das alles damit sie mit dem Automatik-Röllerchen schön zur Schule fahren kann.

Laut Auskunft der Fahrschule kommen bis zu 1500 Euro für diese Kleidung (ohne Helm) zusammen. Also fast so teuer wie der Führerschein selbst. Eine Investition fürs Leben. Das kann man danach ja noch lange tragen, meinte der Fahrlehrer. Tatsächlich? Wieviele 16jährige Mädels hast Du diesen Sommer mit ner Ritterrüstung auf nem Röllerchen gesehen? Ja, Sicherheit geht vor und wir sind ja alle vernünftig! Wann hast Du Dir zuletzt einen neuen Helm geholt? Hoffentlich jedes Mal, wenn er vom Bike gefallen oder aus der Hand gerutscht ist. Ein Schelm wer denkt, dass das Kind ja auch noch im Wachstum ist. Hoffentlich hat sie bis zur Prüfung keinen Wachstumsschub. Haben sich unsere Eltern damals auch solche Gedanken gemacht? Ne, hier haben wohl eher die Lobbyisten nachgedacht und Strippen gezogen.

Ich denke also eher, dass das eine Anschaffung rein für die Fahrstunden sein wird. Rund 60 Euro pro Fahrstunde Klamottenkosten. Ausleihen kann man natürlich nichts mehr in den Fahrschulen. Mal sehen, vielleicht kann man die Gesamtsumme ja etwas mit Second Hand drücken. In zwei Jahren wird sie 18 und dann geht das Spiel ja wieder von vorne los. Dann steht der große Führerschein an und dann heißt es richtig rauf aufs Bike. Die 200er Vespa lockt mit 10 PS und 100 Km/h Höchstgeschwindigkeit. Also wieder neue mit Sicherheitsfeatures überlastete Klamotten etc. Bei den ganzen Panzerplatten kann sie sich ja kaum noch bewegen, geschweige denn den Kopf zum Blick über die Schulter drehen. Vielleicht ist dann schon die Hinterhelmkamera im Visier Pflicht?

Endresultat und Resümee meiner verworrenen Gedankengänge: Das Kind bekommt das, was es braucht, in guter aber noch preisgünstiger Qualität. Jetzt und mit 18 dann halt noch mal. Sie trägt ja auch ohne Diskussion einen Fahrradhelm, an den ihr alter Herr sich erstmal über Jahre gewöhnen musste. Sicherheit geht eben doch vor, gerade für die eigene Familie.

Wir sehen uns auf der Straße! Und tragt geeignete Schutzkleidung!